20 Nov

RS Woche 3: Jetzt gilt es ernst

Montag: Scheisse ist ein Kompliment
Neue Woche, neues Glück. Die Woche begann gut, das erste Mal Sturmgewehr benutzen war angesagt. Vorher durften wir den ganzen ABC Schutzanzug inklusive Gasmaske anziehen. Dies war nicht so einfach wie es klingt, da wir den Tarnanzug nicht ausziehen durften und die Ausrüstung darüber tragen mussten, und dies natürlich in sehr kurzer Zeit. Anschliessend machten wir unsere ersten Schiessversuche in der KD-Box (Kurzdistanz).
 
Meine Erkenntnis daraus: Im Gefecht würde ich maximal fünf Sekunden überleben.
 
Am Nachmittag kamen wir in den Genuss einer überaus interessanten Lektion Kartenkunde (20 unbekannte, kleine Orte auf der Karte suchen und Koordinaten ablesen), bevor wir eine E-Learning Prüfung über das Fahren ablegten. Der Haken daran: Bei allen, die zu der Frage kamen, ob ein Traktor in einer bestimmten Situation überholt werden darf, schmierte das Programm ab.
 
Das heisst: Mission failed und doofer Traktor!
 
Allgemein ist das E-Learning eine absolute Katastrophe. Man muss ein grosser Glückspilz sein, damit alles so funktioniert wie gewünscht. Ich kann getrost sagen, dass “Scheisse” ein Kompliment für dieses System ist – mittlerweile kann mich aber der Informatikdienst des Bundes nicht mehr überraschen.
 
Vor dem Schlafen erhielten wir unsere Ration Schlaftabletten in Form von Theorie über das Grundschulreglement und das Disziplinarwesen des Militärs. Kein Wunder braucht das Militär immer mehr Geld, wenn der Kompaniekommandant für 2 km/h Tempoüberschreitung eines Rekruten ein 20-Seitiges Dokument ausfüllen muss…

 

Dienstag: Falscher Ausweis
Der Dienstag stand unter einem guten Stern, er begann mit Motorradfahren. Wir fuhren quer durch das Gelände und lernten, wie eine Vollbremsung funktioniert. Das Geländefahren war erst etwas unangenehm, als ich etwas Routine bekam wurde der Spassfaktor immer höher. Die zivilen Fahrlehrer sind sehr angenehm und kompetent, ein weiterer guter Punkt ist die Kaffeepause, die es immer gibt. Nach der Lektion hatten wir wieder einmal viel zu wenig Zeit (wie eigentlich immer nach dem Fahren), trotzdem waren wir rechtzeitig beim Mittagessen.
 
Am Nachmittag wurden wir am RSG (Reizstoffspraygerät – nicht Reizstoffspritzgerät) ausgebildet, mit anschliessender praktischer Übung. Dazu erhielten wir Test-RSG, das wir uns in verschiedenen Situation in das Gesicht sprayen durften (resp. unserem Gegenüber). Die Alkohol-Lösung brannte einige Sekunden, war aber schnell wieder verflogen.
 
Als wir die Situation simulierten, wo der Opponent einen Ausweis auf Mann trug, hatte ein Kamerad das Gefühl, dass er leider den falschen Ausweis sah. Darum kassierte sein Gegenüber trotzdem eine Ladung des Sprays.
 
Um 19:30 hiess es: Sie haben Ausgang bis heute, 22:00! Nach dem exzellenten Tessiner Bier (Amber) ging ich zurück ins Zimmer, um eine Stunde ruhig im Bett zu geniessen.
 
Mittwoch: Alles Nichtsnutze
Den ganzen Tag fahren! Am Morgen starteten wir mit der Anhängereinführung. Wir lernten das Grundsätzliche Verhalten mit den Anhängern, das Manövrieren sowie das An- und Abkuppeln. Später konnten wir das Gelernte bereits praktisch umsetzen, indem wir verschiedene Übungen mit dem Anhänger durchführten.
 
Dazwischen musste ich beim Major antanzen, der mit einer tessinerischen Pünktlichkeit (20 Minuten Verspätung) schliesslich aufkreuzte. Meine Motivation zum Weitermachen hält sich sehr in Grenzen (=0), dies versuchte ich ehrlich zu vermitteln. Er bedauerte sehr, dass meine Motivation fehlte, da ich laut den den ersten Bewertungen anscheinend sehr gut dafür geeignet wäre.
 
Nach dem Mittag sattelten wir das Motorrad, machten einige Fahrübungen und fuhren eine Route durch die Megadino-Ebene. Leider haben zwei Kameraden nicht gemerkt, dass wir zuerst die Fahrübungen machen und fuhren zu früh die Route ab. Unsere Führung war nicht glücklich mit dieser Tatsache, aber es gab keine ernsthaften Konsequenzen für sie (nur, dass sie die gesamte Strecke drei Mal fahren durften).
 
Die Prüfung werden wir in der Woche 7 haben. Sie setzt sich zusammen aus einem Parcour (Langsam in einer Gasse fahren, Slalom, über ein Holzbrett fahren und eine acht fahren) und dem Teil “Fahren”, mit einem Experten hinten auf dem Motorrad. Den Parcour können wir immer üben, da dieser als Anfänger sehr herausfordernd ist.
 
Am Abend durften wir uns Anhören, dass wir alle schlecht gefahren sind, die anderen RS viel besser waren und wir alle keine Ahnung von irgendetwas haben. Da musste wohl wer etwas Dampf ablassen – unsere Gruppenführer meinten, dass dies ein “Standardprogramm für alle vergangenen und zukünftigen Schulen” ist.
 
Donnerstag: Schgizieren
Früh nach dem Hauptverlesen wurden wir in Fahrzeuge abgefüllt und nach Giubiasco in den Verkehrsgarten gefahren. Dort übten wir die Verkehrsregelungen in verschiedenen Kreuzungen sowie das Schauspielern als Auto, Lastwagen, Bus oder Ambulanz. Als die grosse Pause der Schüler anfing, kam etwas Schwung in die Bude, denn die Kinder hatten einen riesigen Spass daran, uns hinterherzurennen und selber ein Auto zu spielen.
 
Der Nachmittag startete mit einer Theorielektion zum “Schgizieren” (die Berufsoffiziere können sehr gut Deutsch, trotzdem hören wir ab und zu lustige Wortbetonungen).
 
Zur Vertiefung hatten wir den Auftrag, Kreuzungen auf dem Waffenplatz sowie Gebiete in der Region zu skizzieren. Ich bin kein grosser Künstler, trotzdem hatte ich Spass daran, etwas auf Befehl aufzuzeichnen.
 
Während dieser Ausbildung erschien der Zugführer mit der ersten Liste, wer alles zum Weitermachen vorgemerkt ist. Mehr als die Hälfte des ganzen Zuges war aufgeführt, mein Name aber wurde nicht genannt! Anscheinend waren meine Argumente gut genug (oder vielleicht bin ich schlicht und einfach nicht geeignet, kann ich nicht beurteilen), um mich elegant aus dieser Affäre zu ziehen.
Für den Ausgang packten wir die Badesachen ein, denn wir gingen nach Rivera ins “Splash and Spa”. Dies war das Highlight der Woche, da wir mit einem Spezialpreis Essen, in die Bäder, auf die Bahnen und sogar in den Spa-Bereich gehen durften.
 
Freitag: Nicht normal
Letzter Tag der Woche! Stockdicker Nebel auf dem Ceneri, Zugschule. Bei der Zugschule geht es darum, als Zug einige Befehle möglichst synchron, schnell und militärisch auszuführen. Könnte wohl einen guten Eindruck vom Zug vermitteln. Wenn es gut aussieht. Bei uns nicht der Fall.
 
Anschliessend gab es eine Zugaussprache, wo wir interne Probleme diskutieren konnten. Dies ist eine gute Sache, da wir diverse Spannungen in unserem Zug hatten (und leider immer noch haben). Auf jeden Fall tat es einigen sehr gut, dem angestauten Frust freien Lauf zu lassen…
 
Den Rest des Tages montierten wir Schneeketten an den Puchs und fuhren mit den Fahrlehrern Motorrad (Grundkurs 2).
 
Bevor wir den Wochenparkdienst an den Motorrädern ausführen mussten (putzen), gab es eine Demonstration der nicht ganz normalen Art. Drei Zugführer, die sich freiwillig gemeldet hatten, konnten das richtige RSG ausprobieren. Für mich war es etwas krank, da die ganze Kompanie den Dreien zuschaute, wie sie sich krümmten vor Schmerzen (obwohl sie nicht ganz ausser Gefecht waren, der eine machte einige Liegestützen und ein anderer baute sein Sturmgewehr auseinander und wieder zusammen – blind natürlich).
 
Da wir leider nach dem Wochenparkdienst nicht in schöner Zweierreihe verschoben hatten (eher wie eine Bande von Wilden), wurden wir beim Schuhe putzen entsprechend “bestraft” – mangelnde Disziplin. Aber egal, das Wochenende war so nahe wie schon lange nicht mehr.
 
Samstag: Ade Merci
6:00 Uhr: Sie haben Urlaub bis Sonntag, 22:45. Ade Merci!

B@ sagt:

Hi Dave,
Ach, so viel hat sich ja gar nicht geändert. Die Zeit ist zwar voran geschritten, doch wie es der Anschein macht, ist die Militär-Kultur geblieben und hat sich nich so richtig entwickelt, wie sie es könnte. Any way, Geburtsag habe ich auch in diesem Verein gefeiert und auch meine Nächte waren z. T. sehr kurz. Wünsche Dir aber auf jeden Fall viele gute Fahrstunden. Diese kannst Du auch nach der RS gut anwenden 🙂

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