17 Mai

Eine spannende Sache

«Wache ist keine Bestrafung. Nein, es ist eine Ehre, das Material und die Kollegen zu bewachen und zu beschützen. Dank Ihnen können Sie ihre wichtige Aufträge für die Schweiz ohne Probleme erledigen» (anm. der Redaktion: wichtige Aufträge = schlafen?!).
 
So hatte also auch ich letzte Woche das Vergnügen, von Freitag bis zum darauffolgenden Freitag auf der Wache zu sein. Immer vier Leute sind auf einer zwölfstündigen Wachtschicht von Halbsieben bis Halbsieben. In dieser Zeit verbringt der aufmerksame Wachtmann zwei mal zwei Stunden an der Zutrittskontrolle, die restliche Zeit versauert er als Reserve im Wachtlokal. Dazu kommen vier (Velo)Patrouillen zum Fahrzeugpark.
 
Ich habe in dieser Woche viel über mich und andere gelernt:
 
Es gibt zwei Tätigkeiten von Menschen, die ich nur mit Müh und Not aushalten kann, ohne schnellstmöglichst das Weite zu suchen. Menschen, die in sehr hoher Lautstärke beim Essen schmatzen (insbesondere, wenn im Raum Stille herrscht) sowie Menschen, die zu einem Lied (oder auch ohne Lied) die Melodie ohne jegliches Musikverständnis (kreuzfalsch) mitpfeifen – der Horror.
 
Es ist möglich, eine ganze Woche lang jeden Tag zwölf Stunden zu schlafen. Auch wenn man den ganzen Tag nur herumsitzt, Filme schaut, Spiele spielt oder isst. Am Abend ist man trotzdem genug Müde, um wieder zwölf Stunden zu schlafen.
 
Zwei Stunden können sehr lange sein. An der Zutrittskontrolle ist alles verboten, was die Zeit schneller vergehen lässt oder in irgendeiner Form Spass macht – zumindest in der Theorie. Wenn aber immer wieder höheres Kader hinein- und herausgeht, wird leider die Theorie zur Praxis…
 
Routine schützt vor Fehler nicht (oder begünstigt dieselben). Tatsächlich hat jemand auf der Autobahn einen Anhänger verloren, weil er nicht richtig angekoppelt war (interessanterweise sogar von einem Gruppenführer). Nicht dass dies etwas Schwieriges ist, aber trotzdem muss man es bewusst immer wieder kontrollieren – die Moral von der Geschicht.
Glücklicherweise ist dabei nichts passiert.
 
Natürlich habe ich auch einige interessante, überraschende oder herausfordernde Momente erlebt:
 
Man ist immer über alles informiert, da man sich im Brennpunkt befindet. Alle News (oder teilweise Gerüchte) landen sehr schnell bei der Wache. Leider waren wir uns oft nicht sicher, was wir wirklich glauben konnten und was nicht.
 
Am Wochenende wollte ich Schokoladenmuffins backen, hatte aber dummerweise keine Muffinformen dafür. Pappbecher in zwei Hälften geteilt (natürlich ohne Plastikbeschichtung) sind ein hervorragender Ersatz. Sie fangen nicht an zu brennen im Ofen – zum Glück.
 
Auf der Wache, als ich hochkonzentriert den Eingang der Unterkunft beobachtete und bewachte, fiel plötzlich eine Fliege vor mir auf den Tisch. Ich erschrak so fest, dass ich fast vom Stuhl fiel, konnte mich aber glücklicherweise irgendwie davor retten.
 
Das neue Tinder: Wenn man nicht auf den Mainstream-Zug aufspringen will, sollte man die Finger von solchen Datingapps lassen. Viel einfacher ist, eine beliebige (zufällig gewählte) Nummer abzuspeichern und diese anzuschreiben. Mit etwas Talent (oder Glück) ist es eine schöne junge Frau, die zufälligerweise fünf Kilometer weg wohnt. Ich schwör, genau so ist es passiert.
 
Ich fasse zusammen: Wache ist langweilig.

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