20 Jun

Tour de Suisse

Zur Abwechslung gab es einen Auftrag, wo alle Beteiligten (oder zumindest die meisten, dazu später mehr) einen Sinn dahinter sahen. Auch ich!
 
15 von unseren Leuten wurden zur Verstärkung von einer WK-Kompanie an der Tour de Suisse eingesetzt. Unsere Aufgabe: Strassen rechtzeitig Sperren, um die sichere Durchfahrt der Rennfahrer zu gewährleisten. Für dies ist ein immenser Personalaufwand nötig, da praktisch jede Seitenstrasse an der Strecke durch Militär, Polizei, Feuerwehr oder zivile Vereine gesperrt werden musste.
 
Die etwas andere WK-Mentalität wurde klar ersichtlich. Jeden Tag Bier (zum Glück waren wir nicht länger als zehn Tage dabei, ansonsten hätten wir alle als Alkoholiker geendet), man war mit allen per “Du”, Tagwache und ABV war eine Empfehlung (wobei die Tagwache meistens um 09:30 Uhr war) und die Abende waren immer zur eigenen Verfügung.
 
In diesen neun Etappen haben wir alle viel Positives wie auch Negatives erlebt…
 
Unterkunft
Die WK-Kompanie ist in Eschenbach LU stattioniert, wo auch wir die ersten zwei Nächte in einer Zivilschutzanlage verbrachten. An den folgenden Tagen reisten wir von Kaserne zu Kaserne, von Fribourg über Sion, der alten Heimat Monte Ceneri bis nach Bülach und wieder zurück nach Kirchberg.
 
Organisation
Die Organisation war für einmal von militärischer Seite sehr gut gemacht. Wir hatten immer klare Angaben, wann wir wo was tun mussten. Da wir zwei Detachemente hatten, aber nur ein Gruppenführer dabei hatten, war ich der Verantworliche der zweiten Gruppe. Jeden Abend gab es ein Tagesrückblich sowie einen Ausblick auf den nächsten Tag. Wir erhielten jeweils einen Zettel mit den Orten unserer Gruppenmitglieder und einer Karte dazu. Auch die ungefähre Durchfahrtszeiten der Werbekolonne und der Rennfahrer selber war darauf ersichtlich. Meistens hatten wir zwei Posten an einem Tag, wir mussten nach der ersten Durchfahrt schnellstmöglichst an den zweiten Posten, ohne das Feld direkt überholen zu dürfen.
 
Vor den Rennfahrern gab es einige Meldefahrzeuge. So wurde uns zehn Minuten vor den ersten Fahrern mit einem Auto mit leuchtendem, grünen Balken signalisiert, dass wir nun kein Gegenverkehr mehr durchlassen dürfen. Fünf Minuten vorher, mit einem “roten Auto”, mussten wir die komplette Strasse sperren und frei machen.
 
Klare Sache also!
 
Polizei
Wir hatten unsere klaren Befehle – die Polizei aber hatte oft andere Vorstellungen davon. Schade eigentlich, dass sie nicht dieselben Informationen wie wir erhielten.
 
Ein paar Beispiele:
 
Ein Polizist im Kanton Wallis behauptete, dass nach dem grünen Fahrzeug nur noch die Fahrzeuge gegen das Feld durchfahren dürfen, was bei etwas gesundem Menschenverstand überhaupt keinen Sinn macht. Er war leider wirklich nicht vom Gegenteil zu überzeugen, die betreffenden Leute konnten sich aber schlussendlich darauf einigen, einfach bereits etwas früher den ganzen Verkehr zu sperren.
 
In Bellinzona kamen sie auf die Idee, bereits ca. 30 Minuten vorher den ganzen Verkehr zu sperren, was natürlich zu einem riesigen Verkehrschaos in der Stadt und zu einem Haufen aufgebrachten Tessiner führte – nicht mein Problem…
 
Das Gegenteil war in Schaffhausen der Fall. Hier hatte die Polizei die Führung bei den zwei letzten Etappen. Dies funktionierte – zur Abwechslung – wirklich super.
 
Leute von Heute

Nicht alle Leute waren begeistert, wenn sie erfuhren, dass diese Strasse für Minuten, Stunden oder im Extremfall sogar einen halben Tag gesperrt sein wird. Meistens war die Sperre von kurzer Dauer, wenn aber das Feld sehr auseinandergerissen war oder die Strecke ein Rundkurs (wie in Schaffhausen) war, ging es über längere Zeit.
 
Die meisten Leute waren selber Schuld, da im Vorfeld bei längeren Sperren gut informiert worden war. Einige hatten wiederum grosses Pech, zum Beispiel asiatische Touristen mit Mietwagen, die in Schaffhausen für drei Stunden in der Innenstadt festsassen…
 
Ein Kamerad wurde von einem Auto angefahren (es ist ihm nichts passiert), da er dem Lenker gesagt hat er kann nicht durchfahren… Als dann aber die Polizei und die Securitas eingriff, beruhigte sich das Ganze wieder etwas.
 
Viele Probleme und Aussagen haben wir gehört, wir hatten aber zu ihrem Leide unsere Befehle, die wir durchsetzten mussten:
 
“Ich habe Glace gekauft, was soll ich tun?” – Da kann ich Ihnen nicht helfen. Ich kann eine Glace für Sie essen, dann schmilzt wenigstens eine weniger (nein, ich habe keine erhalten).
 
“Ich muss da durch!” – Nein!
 
“Ich habe einen Termin beim Arzt!” – Dann rufen sie den Krankenwagen, der kann mit Blaulicht passieren.
 
“Ich muss da jetzt wirklich durch!” – Nein!
 
“Da muss doch besser informiert werden, damit man dies einplanen kann” – In diesen 15 Minuten Wartezeit wird die Welt nicht untergehen, sie müssen jetzt warten.
 
“Das Hauptfeld ist vorbei, jetzt kann ich doch fahren” – Nein!
 
«Aber ich bin schneller als die Autofahrer!» – Das denke ich nicht…
 
Und so weiter…
 
Auf der anderen Seite gab es auch Andere, die wirklich sehr verständnisvoll und sympatisch waren:
Eine Grossmutter – nicht mehr sehr gut zu Fuss – wollte über eine gesperrte Strasse. Der alternative Weg war ein Stück zu Fuss die Strasse hinauf über eine Fussgängerbrücke. Wir wollten eine Ausnahme machen und sie herüberlassen, sie entgegnete nur: “Neinnein, wenn ich hier drübergehe wollen doch alle anderen auch drüber, ich mache den Umweg” – Ich liebe dich, Grosi!
 
Auch brachten viele Wasser, Kaffee und Kuchen oder andere Präsente vorbei, wenn sie uns am Strassenrand stehen sahen. Dies war immer eine schöne Motivation und Wertschätzung der Bevölkerung – Danke!
 
Fazit
Der wohl beste und sinnvollste Einsatz bisher. Gute Organisation, viele gute Leute, sinnvolle Arbeit und die Zeit ging vorbei wie im Flug. Gerne wieder einmal (obwohl, ich bin trotzdem froh geht meine Zeit langsam dem Ende zu)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert