Montag: In die Höhe
Langsam aber sicher kommen die Fahrprüfungen immer näher, obwohl wir mit dem Anhänger noch nicht viel gefahren sind. Dies änderte sich am Montag, wir fuhren und manövrierten den ganzen Tag. Die erste Route ging ins Centovalli, anschliessend fuhren wir die ausserordentlich schöne Route auf den San Bernardino.
Oben angekommen, nahmen wir den Lunch zu uns und machten anschliessend einige Manövertrainings, bevor wir uns drei Stunden danach wieder auf den Rückweg machten. Schlussendlich blieben nur noch zwei Fahrzeuge übrig. Ein Sprinter (den ich mit einem Gruppenführer fahren sollte) und ein Puch, der sich standhaft weigerte, anzuspringen und weiter als fünf Meter zu fahren.
Der Gruppenführer, der sich mit der Materie etwas auskennt, unternahm einige (leider erfolglose) Versuche, das Fahrzeug wieder zum Fahren zu bringen.
Dabei habe ich gelernt: Ein Zündkerzenschlüssel, der nicht passt, bringt herzlich wenig …
Zurück in der Kaserne, quälten wir uns am Abend wieder einmal mit dem E-Learning herum, es ging um das Thema orientieren (was aber nicht einmal so langweilig war).
Da sich viele Leute auf dem Rückweg verfahren hatten (zu spät auf die Autobahn, dann im Feierabendverkehr durch Bellinzona– viel Glück – gefahren) und die Karteneinträge am Vortag nicht schön gemacht wurden, mussten wir die Karte noch einmal ausradieren und bis am nächsten Abend neu zeichnen (dabei wird die Karte unterwegs wohl von niemandem konsultiert).
Dienstag: Lineal bitte
Unser Motorradmechaniker-Kamerad durfte am Morgen die Lektion über das Lichterwechseln halten, dieser meisterte es Souverän (wie erwartet) und die Sache war schnell abgehakt.
Anschliessend fuhren wir Gruppenweise durch die Magadino-Ebene und skizzierten alle Kreise, Kreuzungen und Verkehrsinseln für eine (fiktive) Panzerverschiebung. Dies war nicht immer ganz ungefährlich, beispielsweise ist das Vermessen der Breite eines dicht befahrenen Kreisels in Bellinzona nicht möglich, ohne den ganzen Verkehr kurz anzuhalten (und somit die Tessiner zu verärgern).
Ein Kollege hatte beim Mittagessen das Bedürfnis, seine Leuchtweste auszuziehen.
“Wieso haben sie ihre Leuchtweste nicht an?”
“Weil sie die Bienen anzieht” (falsche Antwort).
Nach der Übung besprachen und analysierten wir (resp. der Stabsadj) die Zeichnungen.
Grundsatz 1: “Gut” gibt es nicht, nur “nicht schlecht”.
Grundsatz 2: Für alles ein Lineal brauchen (“Vielleicht funktioniert ihr Lineal nicht!?” – *Probiert aus* – “funktioniert”)!
Nach dem Abendessen wurden ein Kamerad und ich zur Wache verknurrt. Das mühsame daran war, dass wir keine Ahnung hatten wie lange wir dort stehen mussten. Aber bereits nach 1,5 Stunden kam die Ablösung, und wir waren pünktlich zum kleinen Ausgang bereit.
Mittwoch: Nicht weinen
Schon die ganze Woche freuten wir uns auf das Nordic Walking früh morgens – was glücklicherweise aus Basketball und Unihockey in der Turnhalle bestand. Anschliessend trainierten wir 1,5 Stunden Zugschule und vor dem Mittagessen ging es auf die Krankenstation für Impfungen. Diese Impfung begleitete einige von uns (mich eingeschlossen) die ganze restliche Woche als Armschmerz.
Wenns hilft…
Am Nachmittag zogen wir die ABC-Schutzausrüstung an und spazierten zur “Gaskammer”. Funktionstest mit Tränengas. Als wir sicher waren, dass die Maske dicht ist, durften wir sie freiwillig ausziehen und uns einige Züge von der Luft reinziehen. Respektive war nach einer halben Lunge fertig, da wir alle hustend und weinend aus der Kammer rannten und uns erholen mussten (Symptome: Husten, Weinen, Brennen auf Haut und in den Augen, Tränen, Brechreiz – war bei allen etwas anders).
Nach etwa fünf Minuten war die Wirkung wieder verflogen und wir verschoben nach dem Umziehen und einpacken in den Schiessstand, wo wir einige Schiessübungen machten. Natürlich durften wir anschliessend das Gewehr sowie die Schutzmaske putzen.
Der Abend war eher gemütlich, wir packten unser Material (nume nid pressiere) für die Fahrübung diese Woche.
Donnerstag: Abgestorbene Finger
Heute begann die 2-tägige Fahrübung nach Cazis (Graubünden). Da es sehr kalt war und die Strassenverhältnisse entsprechend waren, gab es eine Routenänderung: Alles auf der Autobahn bis Chur (*gähn*) mit einem Zwischenhalt auf dem San Bernardino.
Halb verfroren in Chur angekommen (bei Minustemperaturen helfen auch 8 Schichten nicht mehr viel), wärmten wir uns erstmals auf, bevor wir essen gingen.
Am Nachmittag hatten wir FASIK (Fahrsicherheitskurs) im Fahrzentrum Cazis. Dies war sehr interessant und Lernreich, wir schauten die Notbremsungen und das Kurvenfahren etwas genauer an.
Anschliessend bezogen wir unser ***** Hotel für diese Nacht (ZSA) und gingen in Chur zum Nachtessen.
Die Nacht war lange kurz, der Schlaf nur bedingt erholend.
Freitag: Parkour Ahoi
Nun war es so weit, wir trainierten das letzte Mal für den Parkour. Einige Minuten später kam auch schon der oberste Fahrlehrer, um die Prüfungen abzunehmen. Leider habe ich erst beim zweiten Anlauf bestanden (war etwas zu unruhig beim ersten Versuch), aber so habe ich für die praktische Prüfung immer noch zwei Versuche, das sollte reichen.
Anschliessend fuhren wir eine wunderschöne Route nach Iloanz und wieder zurück nach Chur. Dies war wie eine Passstrasse, wir mussten aber aufgrund der tiefen Temperaturen und schlechten Strassen extrem vorsichtig fahren, um nicht mit dem Asphalt auf Tuchfühlung zu gehen.
Beim Halt in Iloanz hielt ein Mann mit viel Lebenserfahrung an, der einen Kameraden beobachtet hatte (und seiner Meinung zu schnell gefahren war). Er zeigte uns anschliessend ein Video von einem Mann, den es mit dem Motorrad und 300 km/h auf die Fresse geschlagen hat. Dieser wurde in Einzelteilen wieder zusammengekratzt. Glücklicherweise haben wir uns im Griff, und es passierte auch auf dem Rückweg auf den Ceneri keinen Unfall (nur ein Sprinter hatte einen Schwächeanfall, er tuckerte danach mit 40 km/h auf den San Bernardino.
Am Abend waren wir alle sehr erschöpft, da der Zugführer nicht da war gab es auch einen lockeren Abend. Nach dem Schuhe putzen gingen wir in die Turnhalle und machten etwas Sport.
Guter Wochenabschluss!
Samstag: Warten wir
Morgen, 6 Uhr: Sie haben Ausgang bis Sonntag, 22:45 Uhr. Super! Wir stiegen in den Bus ein und …
… warteten.
Die Türe hatte eine Störung und ging nicht mehr zu. Die Folge daraus war, dass der Zug ohne uns losfuhr und wir etwas mehr Zeit in Rivera verbrachten.
Schade für uns!
RS Woche 5: Auf und ab
Montag: Zu spät, oder auch nicht
Urlaub bis 11:00. Da ich am Sonntagabend bei einem Musikkonzert spielte, durfte ich am Montag später einrücken. Ich habe wohl noch nie eine Zugfahrt ins Tessin so geniessen können – schönes Wetter, warme Sonne, (noch) kein Militär!
Am Bahnhof in Rivera wurde ich vom Zugführer abgeholt, anschliessend meldete ich mich zurück und kehrte zu meinen Kameraden zurück.
Der Tag blieb im gemütlichen Rahmen, wir fuhren mit dem Sprinter durch die Magadinoebene und stellten Militärwegweiser auf, die wir nach dem Mittagessen wieder einsammelten. Da diese aber am Morgen nicht perfekt beschriftet wurden (unschuldig, da abwesend), korrigierten wir diese nach der Übung wie junge Picassos.
Zur Einstimmung für die Nachtruhe erhielten wir hart erkämpft zwei Portionen Schlaftabletten (Fahrzeugphysik und grundsätzliche Armeetheorie), für die wir nach dem Schuhe putzen einen guten Verwendungszweck fanden.
Dienstag: Auf den Spuren der Grenadiere
Kaffeepause um 9:30 in Isone. Das kann nur eines bedeuten, Fahrschule mit den Fahrlehrern (Grundkurs 3). Wir lernten das korrekte fahren der Kurven und den schnellen Spurwechsel. Um dies zu Üben, fuhren wir zu der Kaserne der Grenadiere in Isone (viele Haarnadelkurven). Anschliessend gaben wir uns Feedback, wie wir gefahren sind (war bei mir eher schwierig, da mein Partner nach zwei Kurven nicht mehr ersichtlich war).
Am Nachmittag kam der erste von vier ZAP-Blöcken in dieser Woche. Zuerst quälten wir uns etwas mit dem E-Learning und mit einem Atomwaffen-Test herum (leider konnte man nach dem Test nicht anschauen, was man falsch beantwortet hatte – nach ca. acht Versuchen bestand ich ihn aber auch). Anschliessend gingen wir in die Gaskamer, um unsere Gasmasken mit Bananengas (riecht wirklich nach Banane, und wie) zu testen.
Nun werden unsere Rucksäcke ein paar Wochen den “lieblichen” Duft von Bananen verbreiten, da wir unsere Regenpellerine anzogen, die immer dort verstaut ist. Nächste Woche werden wir dasselbe mit Tränengas durchspielen.
Der kleine Ausgang am Abend war viel zu schnell vorbei, das Bett war bequem.
Mittwoch: Rauchverbot
Drei Parteien in einer Turnhalle, das ist eher knapp… Das KSK (Komando Spezialkräfte), die Grenzwache und wir hatten früh morgens parallel Ausbildung am selben Ort.
Egal, wir machten uns bereit und trainierten ZwaMi (ZwangsMittel, das heisst Nahkampfausbildung). Dies sind meiner Meinung eher Alibiübungen, da wir im Ernstfall sowieso viel zu langsam wären. Aber immerhin kennen wir auf diese Weise die Theorie, wie wir uns verteidigen sollten.
Am Mittag wurde unsere heilige Mittagspause gestört, wir sollten uns sofort alle besammeln. Da jemand von uns anscheinend im falschen Tenu (Reisverschluss des Tarnanzugs nicht korrekt geschlossen) geraucht hat und dabei mit einem anderen Zugführer gesprochen hat, erhielten wir ein Rauchverbot (was mir soweit nicht egal ist, weil alle Raucher ab diesem Zeitpunkt extrem schlechte Laune hatten).
Am Nachmittag übten wir das Retten von Leuten. Theorie und Praxis über Verbrennungen, Schock und den Helm von anderen Leuten ausziehen.
Eine zentrale Aussage dabei war, dass wir im Ernstfall nichts machen sollen (ausser alarmieren), wenn wir uns nicht 100% sicher sind.
In der Praxis ist die Schlussfolgerung, das ich das Gelernte nie anwenden werde.
Donnerstag: K-K-K-Kalt
Wir wurden von einem wunderschönen, aber eisigen Morgen begrüsst, perfekt für eine Motorradtour. Wir fuhren zu zweit durch die Magadinoebene eine sehr schöne, etwa zweistündige Tour bis Lodrino und wieder zurück. Die Handschuhe wurden das erste mal richtig auf die Wärmespeicherung getestet, das Resultat war leider NEF (nicht erfüllt).
Für andere war ein nächstes Highlight, dass das Rauchverbot schon wieder aufgehoben wurde, es gab ein “Missverständnis” zwischen den Zugführern, das zu einem falschen Informationsfluss führte (keine weiteren Details, ihr würdet es mir sowieso nicht glauben).
Wie so oft in dieser Woche stand am Nachmittag ZAP auf dem Program, wieder übten wir in der Turnhalle die ZwaMi und draussen das Erstellen der verschiedenen ABC-Tenus. Wir müssen das komplette Tenu in acht Minuten erstellt haben, das heisst Gasmaske auf, Hosen und Jacke an, Überstiefel an, Hände entgiften und Handschuhe an. Das klingt jetzt relativ human, aber momentan brauche ich sicher noch doppelt so lange.
Gut, dass wir noch etwas üben werden.
Am Abend galt Tenu Badehosen, wir hatten Ausgang und einige (darunter ich) gingen wieder ins Splash and Spa. Essen, Sauna, Solbad, Unterwassermusik – Herrlich!
Freitag: Vorwärts Marsch
Was ist mit deinem Magazin passiert?
Ist mir aus den kalten Händen gerutscht…
Haben sie kalte Hände?
Nein!
Richtige Antwort. Im Militär hat man grundsätzlich nie irgendwo kalt und ist nie müde (ansonsten kommen die Kaderleute auf dumme Ideen).
Der lange Tag begann mit einem Lauftrainig. Wir drehten einige Runden um die Kaserne, anschliessend dehnten wir unsere (meinerseits verrosteten) Körper. Schlechte Idee, Dehnübungen mit einem Gruppenführer zu machen, der den schwarzen Gürtel im Karate besitzt (ich bin etwa so beweglich wie eine kalte Eisenstange)…
Später wurden wir bei der Zugschule umhergehetzt, übten kleinere Reparaturen an den Puchs und lernten, wie wir ein Fahrzeug abschleppen.
Am Mittag freuten wir uns auf den letzten ZAP-Block (ob es nun Freude am Block oder Freude darüber, dass es der letzte Block der Woche war, sei mal dahingestellt), der aus Schiessen und zusätzlichen Manipulationen am Sturmgewehr bestand.
Zur Stärkung am Abend gab es ein Kebap-Buffet (als die zweite Runde ausgerufen wurde, brach kurzzeitig der dritte Weltkrieg aus), bevor wir den Wochenparkdienst an den Fahrzeugen durchführten, duschten und husch husch ins Bettchen stiegen.
Samstag: Zurück in den Nebel
Wie (fast immer) konnten wir in Rivera um 6:12 Uhr in den Zug nach Bellinzona einsteigen und unseren Weg zurück in den Nebel antreten. Wieder einmal wurde ich im Zug von einer Frau mit sehr viel Lebenserfahrung “beschallt”. Die Militärkleidung ist wie ein Magnet für solche Leute.
Aber egal, es ist Wochenende.
Kleine Tenu-Kunde
Tenu C: Tarnanzug für den Alltagsgebrauch
Tenu B: Persönlicher Tarnanzug mit Beret für besondere Momente
Tenu A: Ausgänger
Tenu BG04: ABC-Ausrüstung komplett
Tenu Kampf-Komplett: Tenu C mit Kampfrucksack, Grundtrageeinheit (GT), Sturmgewehr und Kampfhelm
Tenu ZAP: Kampf-Komplett mit KS14 (Wanderschuhe)
Tenu Sport: Sportschuhe und Sportkleider
Tenu Verkehr regeln: Leuchtweste, Bein- und Armreflektoren, weisse Handschuhe, bei Regen Helm
Tenu Motorrad: Leuchtweste, Leuchtgamasche, Motorradkleider
Tenu Wolf: Tenu C mit geöffnetem Hosenstall für Märsche
Tenu Elefant: Eher schwierig als Frau
Tenu Oper: Beim Abendverlesen mit der Decke verdeckt vor dem Bett stehen, sobald die Kontrolle kommt fällt der Vorhang und darunter erscheint nicht das Tenu Sport
Tenu inkorrekt: Praktisch immer
RS Woche 4: So soll es sein
Die Wetteraussichten für diese Woche sahen bereits am Montag brilliant aus. Strömender Regen bis wir wieder nach Hause gehen. Ein Lichtblick am Horizont gab es aber trotzdem, denn wir konnten in dieser Woche bereits am Donnerstag nach Hause.
Montag: Hallo schönes Tessin
Schon frühmorgens wurden wir von unserem ständigen Begleiter dieser Woche begrüsst – dem Regen.
Nichts desto trotz packten wir unsere sieben Sachen, fassten einen Puch und hängten einen Anhänger daran. Zum Aufwachen (*hust*) kurz vorher gab es eine theorietische Lektion über das Fahren allgemein sowie spezifisch mit dem Anhänger.
Anschliessend drehten wir eine Runde auf dem Waffenplatz, um etwas mit der 8,5 m langen Fahrzeugkombination vertraut zu werden. Die eigentliche Route führte nach Airolo. Unterwegs gab es einen Checkpoint, wo wir den Anhänger mit einem Kollegen wechseln mussten (besser gesagt, mit dem Anhänger eines Kollegen).
Generell war das Fahren mit dem Puch sehr langweilig. Man ist alleine und hat keinen Radio (den man so oder so auf Grund des Lärmes sowieso nicht hören würde). Kurz gesagt: Man fährt mit einer alten Mühle, die 25l auf 100 km verbraucht, trotzdem nur mit 30 km/h den Berg herauffährt und der kein Radio hat. Aber immerhin können wir fahren!
Das Parkieren der Autos am Abend ist eine lange Angelegenheit, da sie alle in einer perfekten Linie ausgerichtet sein müssen, und dies viel Zeit braucht. Wenn dann (wie bei uns) noch ein Schlüssel und die Körbe vom Mittagessen fehlen (Sbg = Suchen bis gefunden), bedeutet dies sehr wenig Zeit fürs Abendessen.
Am Abend gab es wieder einmal eine Materialkontrolle (wegen Regens im Zimmer, welch Wohltat), bevor wir als Tagesabschluss das Sturmgewehr – das wir den ganzen Tag mittrugen – und die Schuhe putzten. Dabei gab es ein inoffizieller Wettkampf mit dem Zug aus der französischsprachigen Schweiz, wer bei den Liegestützen am lautesten schreien konnte. Wir haben gewonnen…
Dienstag: Lächeln bitte
Am Dienstagmorgen galt: “Tenu weiss”.
In zivilen Worten: Tenu zum Verkehr regeln. Nach den letzten Trockenübungen (bereits nach diesen fühlten sich meine Armee relativ schwer an, die Liegestütze haben noch nicht die gewünschte Wirkung erzielt) fuhren wir nach Rivera, wo wir uns auf drei Kreuzungen aufteilten. Auf diesen Kreuzungen glänzten wir wie noch nie in dieser RS – die Regenkleider waren nass…
Die Tessiner fuhren – wieder erwartens – meistens vorsichtig an uns vorbei und interpretierten unsere Zeichen richtig. Die Ausnahme bestätigt auch hier die Regel (Achtung Klischee, vor allem Frauen hatten Mühe damit). Ich muss dabei erwähnen, das die Zeichen unsererseits auch noch nicht ganz ausgereift waren, so ist es nicht von Vorteil, wenn man die rechte Hand gestreckt in die Luft hält um die Autos anzuhalten. Trotzdem waren die Kaderleute am Mittag überaus zufrieden mit unserer Leistung.
Die Nachmittagslektion gestaltete sich etwas anderes, erste Hilfe war angesagt. Lagerungen, Verbände und Tourniquet waren die Themen, dabei gab es immer eine kurze Theorie mit anschliessenden Übungen. Regelmässige Pausen hielten uns in Schwung, auch etwas Spass hatte Platz in der Lektion (weiss nicht, ob dies von der Kiefersperre kam, die wir uns am Morgen vom permamenten lächeln zugezogen hatten).
Nach dem Abendessen erklangen unsere Lieblingsworte: “Sie haben Ausgang bis heute, 22:00 Uhr!”
Mittwoch: Achtung Radar
In einer Woche zwei ganze Tage Fahrübung. Um die Aussage vom Titel zu wiederholen: So soll es sein!
Die zweite Fahrübung mit dem Motorrad war in zwei Teile aufgeteilt. Am Morgen fuhren wir durch das Maggiatal, nach dem Mittagessen in die andere Richtung nach Lugano. Diese Strecken waren überaus schön, da wir Städte, Berge und Seen sahen. Ich behaupte, dass alle sich an diesem Tag mindestens ein mal verfahren haben (bei mir waren es drei mal). Trotzdem waren am Abend alle wieder heil zurück in der Kaserne.
Das Fahren bei Regen und nassen Strassen war etwas ungewohnt, wir mussten extrem vorsichtig fahren damit wir nicht “auf die Fresse fielen”.
Am Abend schulterten wir unser “Kampf-Komplett” Tenu (Inklusive Tenu Wolf, in anderen Worten “Hosenstall auf”) und machten uns auf auf den ersten Marsch – 5 km (resp 6,3). Natürlich gab es auch einige Höhenmeter zu überwinden, da wir nach Rivera heruntermarschierten und, wie es sich für einen Marsch gehört, natürlich auch wieder hoch. Die ganze Kompanie konnte die Strecke absolvieren, ohne Ausnahme! Unser Zug war ca. 1 Stunde unterwegs, was ein (meiner Meinung) gutes Tempo bedeutet. Auf jeden Fall kamen wir alle etwas ins Schwitzen und freuten uns über die erfrischende Dusche danach.
Kompaniekommandant zufrieden – Zugführer zufrieden – Gruppenführer zufrieden – Rekruten zufrieden.
Perfekt!
Donnerstag: Gut das Freitag ist
Am Donnerstag passierte nicht viel erwähnenswertes. Früh morgens gab es eine Theorie mit einem Vertreter der Militärpolizei über die Unfallprävention (mit einer erschreckend hohen Rate an toten Kindern in den gezeigten Videos) und dem Verhalten bei Unfällen. Später durften wir etwas frische Luft schnappen, sie demonstrierten uns den Bremsweg mit verschiedenen Geschwindigkeiten und Fahrzeugen. Auf jeden Fall war es interessant, einem LKW bei einer Vollbremse mit 60 km/h zuzuschauen.
Nach dem Mittagessen kam der interessante Teil. Zahlreiche knapp bekleidete Frauen reinigten unsere Fahrzeuge, wir durften dabei zuschauen*.
Was für ein Wochenabschluss!
Um 18:30 war es soweit, das lang ersehnte lange Wochenende wurde Realität und wir wurden entlassen.
* Ersetze “knapp bekleidete Frauen” mit “Rekruten in Tarnanzug” und “wir durften” mit “das Kader durfte”
RS Woche 3: Jetzt gilt es ernst
Montag: Scheisse ist ein Kompliment
Neue Woche, neues Glück. Die Woche begann gut, das erste Mal Sturmgewehr benutzen war angesagt. Vorher durften wir den ganzen ABC Schutzanzug inklusive Gasmaske anziehen. Dies war nicht so einfach wie es klingt, da wir den Tarnanzug nicht ausziehen durften und die Ausrüstung darüber tragen mussten, und dies natürlich in sehr kurzer Zeit. Anschliessend machten wir unsere ersten Schiessversuche in der KD-Box (Kurzdistanz).
Meine Erkenntnis daraus: Im Gefecht würde ich maximal fünf Sekunden überleben.
Am Nachmittag kamen wir in den Genuss einer überaus interessanten Lektion Kartenkunde (20 unbekannte, kleine Orte auf der Karte suchen und Koordinaten ablesen), bevor wir eine E-Learning Prüfung über das Fahren ablegten. Der Haken daran: Bei allen, die zu der Frage kamen, ob ein Traktor in einer bestimmten Situation überholt werden darf, schmierte das Programm ab.
Das heisst: Mission failed und doofer Traktor!
Allgemein ist das E-Learning eine absolute Katastrophe. Man muss ein grosser Glückspilz sein, damit alles so funktioniert wie gewünscht. Ich kann getrost sagen, dass “Scheisse” ein Kompliment für dieses System ist – mittlerweile kann mich aber der Informatikdienst des Bundes nicht mehr überraschen.
Vor dem Schlafen erhielten wir unsere Ration Schlaftabletten in Form von Theorie über das Grundschulreglement und das Disziplinarwesen des Militärs. Kein Wunder braucht das Militär immer mehr Geld, wenn der Kompaniekommandant für 2 km/h Tempoüberschreitung eines Rekruten ein 20-Seitiges Dokument ausfüllen muss…
Dienstag: Falscher Ausweis
Der Dienstag stand unter einem guten Stern, er begann mit Motorradfahren. Wir fuhren quer durch das Gelände und lernten, wie eine Vollbremsung funktioniert. Das Geländefahren war erst etwas unangenehm, als ich etwas Routine bekam wurde der Spassfaktor immer höher. Die zivilen Fahrlehrer sind sehr angenehm und kompetent, ein weiterer guter Punkt ist die Kaffeepause, die es immer gibt. Nach der Lektion hatten wir wieder einmal viel zu wenig Zeit (wie eigentlich immer nach dem Fahren), trotzdem waren wir rechtzeitig beim Mittagessen.
Am Nachmittag wurden wir am RSG (Reizstoffspraygerät – nicht Reizstoffspritzgerät) ausgebildet, mit anschliessender praktischer Übung. Dazu erhielten wir Test-RSG, das wir uns in verschiedenen Situation in das Gesicht sprayen durften (resp. unserem Gegenüber). Die Alkohol-Lösung brannte einige Sekunden, war aber schnell wieder verflogen.
Als wir die Situation simulierten, wo der Opponent einen Ausweis auf Mann trug, hatte ein Kamerad das Gefühl, dass er leider den falschen Ausweis sah. Darum kassierte sein Gegenüber trotzdem eine Ladung des Sprays.
Um 19:30 hiess es: Sie haben Ausgang bis heute, 22:00! Nach dem exzellenten Tessiner Bier (Amber) ging ich zurück ins Zimmer, um eine Stunde ruhig im Bett zu geniessen.
Mittwoch: Alles Nichtsnutze
Den ganzen Tag fahren! Am Morgen starteten wir mit der Anhängereinführung. Wir lernten das Grundsätzliche Verhalten mit den Anhängern, das Manövrieren sowie das An- und Abkuppeln. Später konnten wir das Gelernte bereits praktisch umsetzen, indem wir verschiedene Übungen mit dem Anhänger durchführten.
Dazwischen musste ich beim Major antanzen, der mit einer tessinerischen Pünktlichkeit (20 Minuten Verspätung) schliesslich aufkreuzte. Meine Motivation zum Weitermachen hält sich sehr in Grenzen (=0), dies versuchte ich ehrlich zu vermitteln. Er bedauerte sehr, dass meine Motivation fehlte, da ich laut den den ersten Bewertungen anscheinend sehr gut dafür geeignet wäre.
Nach dem Mittag sattelten wir das Motorrad, machten einige Fahrübungen und fuhren eine Route durch die Megadino-Ebene. Leider haben zwei Kameraden nicht gemerkt, dass wir zuerst die Fahrübungen machen und fuhren zu früh die Route ab. Unsere Führung war nicht glücklich mit dieser Tatsache, aber es gab keine ernsthaften Konsequenzen für sie (nur, dass sie die gesamte Strecke drei Mal fahren durften).
Die Prüfung werden wir in der Woche 7 haben. Sie setzt sich zusammen aus einem Parcour (Langsam in einer Gasse fahren, Slalom, über ein Holzbrett fahren und eine acht fahren) und dem Teil “Fahren”, mit einem Experten hinten auf dem Motorrad. Den Parcour können wir immer üben, da dieser als Anfänger sehr herausfordernd ist.
Am Abend durften wir uns Anhören, dass wir alle schlecht gefahren sind, die anderen RS viel besser waren und wir alle keine Ahnung von irgendetwas haben. Da musste wohl wer etwas Dampf ablassen – unsere Gruppenführer meinten, dass dies ein “Standardprogramm für alle vergangenen und zukünftigen Schulen” ist.
Donnerstag: Schgizieren
Früh nach dem Hauptverlesen wurden wir in Fahrzeuge abgefüllt und nach Giubiasco in den Verkehrsgarten gefahren. Dort übten wir die Verkehrsregelungen in verschiedenen Kreuzungen sowie das Schauspielern als Auto, Lastwagen, Bus oder Ambulanz. Als die grosse Pause der Schüler anfing, kam etwas Schwung in die Bude, denn die Kinder hatten einen riesigen Spass daran, uns hinterherzurennen und selber ein Auto zu spielen.
Der Nachmittag startete mit einer Theorielektion zum “Schgizieren” (die Berufsoffiziere können sehr gut Deutsch, trotzdem hören wir ab und zu lustige Wortbetonungen).
Zur Vertiefung hatten wir den Auftrag, Kreuzungen auf dem Waffenplatz sowie Gebiete in der Region zu skizzieren. Ich bin kein grosser Künstler, trotzdem hatte ich Spass daran, etwas auf Befehl aufzuzeichnen.
Während dieser Ausbildung erschien der Zugführer mit der ersten Liste, wer alles zum Weitermachen vorgemerkt ist. Mehr als die Hälfte des ganzen Zuges war aufgeführt, mein Name aber wurde nicht genannt! Anscheinend waren meine Argumente gut genug (oder vielleicht bin ich schlicht und einfach nicht geeignet, kann ich nicht beurteilen), um mich elegant aus dieser Affäre zu ziehen.
Für den Ausgang packten wir die Badesachen ein, denn wir gingen nach Rivera ins “Splash and Spa”. Dies war das Highlight der Woche, da wir mit einem Spezialpreis Essen, in die Bäder, auf die Bahnen und sogar in den Spa-Bereich gehen durften.
Freitag: Nicht normal
Letzter Tag der Woche! Stockdicker Nebel auf dem Ceneri, Zugschule. Bei der Zugschule geht es darum, als Zug einige Befehle möglichst synchron, schnell und militärisch auszuführen. Könnte wohl einen guten Eindruck vom Zug vermitteln. Wenn es gut aussieht. Bei uns nicht der Fall.
Anschliessend gab es eine Zugaussprache, wo wir interne Probleme diskutieren konnten. Dies ist eine gute Sache, da wir diverse Spannungen in unserem Zug hatten (und leider immer noch haben). Auf jeden Fall tat es einigen sehr gut, dem angestauten Frust freien Lauf zu lassen…
Den Rest des Tages montierten wir Schneeketten an den Puchs und fuhren mit den Fahrlehrern Motorrad (Grundkurs 2).
Bevor wir den Wochenparkdienst an den Motorrädern ausführen mussten (putzen), gab es eine Demonstration der nicht ganz normalen Art. Drei Zugführer, die sich freiwillig gemeldet hatten, konnten das richtige RSG ausprobieren. Für mich war es etwas krank, da die ganze Kompanie den Dreien zuschaute, wie sie sich krümmten vor Schmerzen (obwohl sie nicht ganz ausser Gefecht waren, der eine machte einige Liegestützen und ein anderer baute sein Sturmgewehr auseinander und wieder zusammen – blind natürlich).
Da wir leider nach dem Wochenparkdienst nicht in schöner Zweierreihe verschoben hatten (eher wie eine Bande von Wilden), wurden wir beim Schuhe putzen entsprechend “bestraft” – mangelnde Disziplin. Aber egal, das Wochenende war so nahe wie schon lange nicht mehr.
Samstag: Ade Merci
6:00 Uhr: Sie haben Urlaub bis Sonntag, 22:45. Ade Merci!
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